RCDS fordert Hochschulreform 2.0

Younes Ouaqasse für stärkere Kooperation der Thüringer Hochschulen

Gastbeitrag unseres RCDS Landesvorsitzenden Younes Ouaqasse in der Thüringischen Landeszeitung

Als vor drei Jahren nach meinem Abitur in der Kurpfalz die Studienplatzsuche begann, war der Freistaat Thüringen von Anfang an mein Favorit. Ein junges Bundesland mit vielen hervorragenden Forschungs- und Lehrstandorten, guten Infrastruktur- und Wohnbedingungen sowie einem lebendigen Studentenleben. Alles ist nah bei einander, man baut schnell Freundschaften auf und in der Kulturlandschaft Thüringen gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Darüber hinaus liegt Thüringen mitten in Deutschland - Studierende sind schnell in Berlin, aber auch schnell in Dresden oder Frankfurt. Die zentrale Lage Thüringens ermöglicht Flexibilität, die heute ein wichtiger Entscheidungsfaktor für junge Menschen ist.

Thüringens Alleinstellungsmerkmale machen die Hochschulstandorte von Schmalkalden bis nach Gera zu bundesweit einzigartigen Orten des akademischen und sozialen Miteinanders und das hat sich auch schon herumgesprochen. So bin ich mit meiner Entscheidung für den Hochschulstandort Thüringen nicht allein. In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der Studierenden von 14.000 auf 54.000 angewachsen. Eine Erfolgsgeschichte, die es klug zu nutzen gilt und die ein nachhaltiges Konzept verlangt, um Thüringen als Wissenschaftsstandort weiter zu stärken und auszubauen mit dem Ziel, im universitären Wettbewerb in Deutschland und Europa einen angemessenen Platz einzunehmen.

Die Landesregierung hat die Herausforderung für den Hochschulstandort Thüringen erkannt und plant Bauinvestitionen von 107 Millionen Euro bis 2013. Diesen Beschluss kann man nur loben. Mich wundert aber, dass diese Baumaßnahmen nicht in ein Gesamtkonzept eingebettet sind.  Bevor die Bagger rollen, brauchen Thüringens Hochschulen ein durchdachtes und nachhaltiges Konzept, um im universitären Wettbewerb zu bestehen.

Wichtig ist hierbei, dass die Standorte ihre Stärken und Schwächen genau analysieren und darauffolgend das Studienangebot abstimmen. Thüringen zählt sowohl flächen- als auch einwohnermäßig zu den kleineren Bundesländern Deutschlands. Es verfügt zwar über starke urbane Strukturen, aber eben auch über dünner besiedelte Regionen, die in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt werden müssen und als Teil eines integrierten Wissenschaftskonzepts für Thüringen verstanden werden sollten. Wir werden nicht darum herumkommen, Thüringens Hochschullandschaft neu zu orientieren. Bestehendes gilt es kritisch zu überprüfen, Strukturen zu hinterfragen und somit diesen einzigartigen Standort dauerhaft aufzuwerten. Bei diesem Prozess dürfen Eitelkeiten einzelner Institutionen und Fakultäten keine Rolle spielen. Es steht viel auf dem Spiel - daher muss eine Professionalisierung als Ganzes gedacht und verstanden werden. So sind z.B. Doppelstrukturen nicht hinnehmbar. Sie verursachen unnötige Kosten und rauben Effizienz!

Aus diesen Gründen plädiere ich dafür Kompetenzen zu bündeln und einen Wissenschaftsverbund Thüringen aufzubauen. Dieser Wissenschaftsverbund sollte durch Kooperation der einzelnen Standorte akademische Maßstäbe setzen, die nicht davor zurückschrecken, sich mit internationalen Spitzeneinrichtungen messen zu lassen.

Dabei darf es nie das Ziel sein, Thüringen zu einer einzigen Massenuniversität zu machen, sondern die Vielfalt als Stärke beizubehalten und nur dort zu konzentrieren, wo dies eine Effizienzsteigerung erfordert. An Vorbildern für dieses Modell mangelt es nicht. Man schaue nach Kalifornien oder London, wo eine Kompetenzbündelung der University of California oder der University of London international renommierte Standorte geschaffen hat, die gestärkt in die Zukunft blicken.  

Ein weiterer Punkt ist mir besonders wichtig: Ein Reformprozess kann nur gelingen, wenn all diejenigen, die beteiligt oder interessiert sind, eingebunden werden. Dazu gehören in erster Linie die Studierenden, aber auch Vertreter der Wirtschaft und die Einwohner der Studienorte. Nur im konstruktiven Dialog können gute Ideen entstehen und somit die beste Strategie für Thüringen als Wissenschaftsstandort gefunden werden.

Es liegt nun an den Hochschulen, die Herausforderung anzunehmen und gemeinsam mit dem Land neue Wege zu beschreiten. Eine neue „Hochschulreform 2.0“  bietet die einmalige Gelegenheit, auf die unterschiedlichen regionalen und lokalen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, weshalb Politik und Hochschulleitungen sich ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für Thüringen noch stärker bewusst werden müssen und dadurch die wissenschaftlichen Institutionen ihre Strahlkraft  regional, national und international noch besser entfalten können.

Artikel in der TLZ: http://www.tlz.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Z83C4AA450343

Gastbeitrag in der TLZ: http://www.tlz.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Gastbeitrag-von-Younes-Ouaqasse-Uni-Reform-2-0-notwendig-1728065354